DDR-Kommentare eines Deutschen mit sowjetischem Pass

Lochthofen, Jahrgang 1953, breitet eine spannende Biografie aus: Der Vater ein von Stalins Großem Terror ins Lager nach Workuta verbannter deutscher Kommunist, später wegen seiner Verdienste als Werkleiter ins Zentralkomitee der SED aufgerückt, die Mutter eine Russin, die Kindheit am Lagerzaun, der Besuch einer russischen Garnisonsschule im thüringischen Gotha, Student in der Sowjetunion und in der DDR. Dort diplomiert er in Journalistik, arbeitet dann für die Parteizeitung des Bezirks Erfurt, die zum Ende des Buchs sich zur Thüringer Allgemeinen wendet – mit ihm an verantwortlicher Stelle.

Der Autor wandert zwischen den Welten, gehört überall ein bisschen dazu, bleibt überall auf Distanz; vor allzu großen Widrigkeiten beim Löcken gegen den Stachel schützen die ZK-Vergangenheit des Vaters und der sowjetische Pass. Ja, so war sie in weiten Teilen, die Realität im ehemaligen Vaterland der Werktätigen und der noch ehemaligeren größten DDR der Welt. Betonköpfe, Oppositionelle und alle Zwischenschattierungen. Man erkennt sie beim Lesen wieder. Lochthofen posiert ein bisschen und gibt den abgeklärten Bescheidwisser, immer auf der Höhe der Zeit und einen Tick gewiefter als alle anderen, was das Lesevergnügen etwas trübt.

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